Mein Reisetagebuch von Guatemala 2011

 

Samstag, den 5. November

Die erste Etappe der Guatemalareise 2011 führt uns nach Antigua. Drei Tage werden wir hier verbringen.
Das Wetter ist wirklich traumhaft. Wir haben hier 30 Grad und blauem Himmel. Antigua ist das Aushaengeschild von Guatemala. Hier findet man viele Touristen, aber erstaunlich wenig Deutsche. Man hat hier aber den Anschein, dass alles etwas gekuenzelt wird. Es hat den Charme von Phantasialand und man denkt immer wieder, hinter der naechsten Kreuzung muss die Black Mamba oder die Western-Area kommen.
Davon ab ist Antigua aber wirklich beeindruckend. Antigua war die ehemalige Hauptstadt, bis 1773 die Stadt durch ein Erdbeben voellig zerstoert wurde. Antigua besitzt ueber 50 Kirchen und Kathedralen, welche alle durch das Erbeben immer noch Ruinen sind; man kann aber die Schoenheit erahnen, die diese Stadt vor dem Erdbeben gehabt haben muss.

 

Sonntag, den 6. November

Am zweiten Tag in Guatemala, dem Sonntag wollten wir auf den Indianer-Markt in Chichicastenango, der dort immer sonntags und donnerstags stattfindet. Dabei sind wird dann auch mit den beruehmten Chicken-Bus gefahren. Dies sind ehemalige Schulbusse aus den USA, bunt bemalt und diese dienen der Bevoelkerung als guenstiges Fortbewegungsmittel. Als wir aber in Chimaltenango umsteigen mussten, waren alle Busse gotterbaermlich ueberfuellt (denn mitgenommen wird jede(r)).
Dies haette bedeutet, dass wir 2 ½ Stunden stehend bei Tropentemperaturen ueber Schotterpisten haetten aushalten muessen. Also gab es eine Planaenderung und der Indianer-Markt wird am Ende unseres Tripps besucht. Statt dessen haben wir dann eine Tour zu einer Kaffeeplantage unternommen.
Am Ende der Kaffeetour haben wir dann auch mal wieder festgestellt, dass Produkte im Erzeugerland nicht unbedingt guenstiger sein muessen.

 

Montag, den 7. November

Tags drauf wurde es dann sportlich und es ging in Herrgottsfruehe auf den Vulkan Pacaya. Im Morgen auf dem Bus wartend, sahen wir wohl eine landestypische Sportart. Mit einem Tablett in der Hand joggte ein Gaucho an uns vorbei. Auf dem Tablett eine Wasserflasche, eine kleine Dose Bier und eine grosse Dose Bier. Dieses Bild wiederholte sich noch dreimal, als wir den Peloton kommen sahen. Keine Ahnung, was hier abging, war aber lustig anzusehen...
Der Vulkan wurde erfolgreich erklommen, und er hatte zum Teil etwas von Mordor. Es ging wahrlich über Stock und Stein, was den Aufstieg sicher nicht ganz einfach machte. Und unter meinem dicken Schonbezug befindet sich immer noch ein Koerper mit unermesslicher Power. Elfengleich wurde der Vulkan bestiegen und das war eindeutig ein Vulkan der hoechsten Kategorie, der Alpe d'Huez Guatemalas sozusagen.Zumindest fuer mich ;-)

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Ein Dank gilt aber auch noch den 6 kleinen Goeren, die die ganze Truppe aufgehalten haben. Aber nun weiss zumindest die eine Chicka, dass Sandalen mit purpurnen Socken nicht das ideale Schuhwerk ist, um einen Vulkan zu besteigen.
Nur leider konnte man seit der letzten Eruption 2010 keine fließende Lava sehen, was aber den Einheimischen nicht davon abhielt, uns vor der Besteigung Marshmallows zu verkaufen, damit man diese über der Lava roesten kann. Naja, ein bissl Bauernfaengerei sei den Einheimischen mal gestattet, immerhin sind nur die Goeren drauf reingefallen, die uns den ganzen Aufstieg durch ihr penetrantes Troedeln genervt haben...

 

Dienstag, den 8. November. Gegen Mittag

Dienstagmorgen waren wir noch in einer Kochschule und haben landestypische Gerichte gekocht. Es waren wirklich sehr leckere Sachen dabei. Wobei gruendsaetzlich gilt, es wird IMMER mit schwarzen Bohnen gekocht, ALLE Gerichte werden mit Cilantro (Koriander) gewuerzt und es werden IMMER Maisfladen zum Essen serviert.
Achja, das Bier Gallo ist trinkbar, sollte aber nur gekuehlt getrunken werden.
Gleich verlassen wir vorerst Antigua und fahren mit einem Shuttle nach Lanquin. Fuer 300km werden 8h Fahrzeit veranschlagt. Was bei dem Zustand der hiesigen Strassen momentan keine Freude bei mir hervorruft. Heute abend sollen wir dann in Lanquin ankommen und morgen geht es zu Semuc Champey. Darauf freue mich wirklich.

 

Dienstag, den 8. November. Gegen 23:30 Uhr

Nach der Nah-Tod-Erfahrung mit dem Shuttle nach Lanquin werde ich nie wieder deutsche Taxifahrer beschimpfen oder mich ueber den Zustand deutscher Autobahnen beschweren. Unser Fahrer hat bei seinen Ueberholmanoevern scheinbar alle mir bekannten Naturgesetze ausser Kraft gesetzt.
Mit Gottes Hilfe erreichten wir dann nach 8-9h gegen 23 Uhr endlich unser Hotel El-Retiro Lodge in Lanquin. Die Kueche hatte allerdings bereits geschlossen und man wollte uns noch nicht einmal ein Bier verkaufen. Unverschaemtheit!

 

Mittwoch, den 9. November

Am Mittwoch ging es dann nach Semuc Champey. Wie in einem offenen Viehtransporter fuhren wir auf einem Pick-Up ca. 1h durch den Urwald Guatemalas. Schliesslich wandelten wir auf den Spuren von Indiana Jones und erkundeten nur mit einer Kerze bewaffnet eine Grotte. Durchschwammen diese, bekraxelten enge Felswaende und quetschten uns durch enge Felsspalten. Danach stand etwas Erholung auf dem Programm und wir schwammen in einem Autoreifen den Fuss hinunter und sprangen ueber eine Schaukel in den Fluss. Nun mussten wir uns aber noch den Blick auf die Wasserterassen von Semuc Champey verdienen und kletterten wagemutig den Berg hinauf, auf Stufen, die eigentlich keine waren. Die Photos spiegeln aber nicht einmal annaehernd den Eindruck und die Schoenheit wider, den wir von dort oben hatten.

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Anschliessend stiegen wir wieder hinab und durften uns in diesen Wasserterassen austoben. Einfach nur grandios! So muss das Paradies aussehen. Ich finde gar nicht die Worte, diese Eindruecke alle zu beschreiben. Dafuer trafen wir auch hier wieder unsere 6 Goeren von der Vulkan-Tour.
Gegen Abend besichtigten wir noch die Grotten von Lanquin. Wir kletterten in voelliger Dunkelheit - nur unsere Taschenlampe leuchtete uns den Weg - ueber glitschige Stufen und bewunderten riesige Stalaktiten, die z.T. skurril geformt waren und einen Tiger oder sogar Scooby-Doo aehnelten. Diese Grotte ist auch die Heimat von abermillionen Fledermaeusen. Und mit Einbruch der Dunkelheit verliessen sie die Hoehle und flogen uns im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren. Das war eindeutig der wahre Bat-Cave von Bruce Waynes kleinen Feldermausfreunden.

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Donnerstag, den 10. November

Mal ueberlegen, jetzt muesste es Donnerstag sein. Es ging erneut mit einem kleinen japanischen Minibus mit 12 Mann Besatzung auf eine 6h Fahrt nach Fronteras / Rio Dulce. Und zwar auf Strassen, die in keiner Landkarte zu finden sind. Dementsprechend "aufregend" war die Fahrt.

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Da hier Zeit aber nur eine untergerordnete Rolle spielt, haben wir selbstverstaendlich das Boot nach Livingston verpasst und schoben eine Nacht im Hotel Kangaroo ein. Ein Hotel mitten im Rio Dulce auf Holzpfaehlen gebaut. Sehr spektakulaer...
Und wir trafen auch hier wieder unsere 6 Goeren.

 

Freitag, den 11. November

Jetzt muessten wir mittlerweile Freitag gehabt haben (also erstmal Helau, Alaaf und Ahoi) und es ging endlich mit dem Boot nach Livingston. Die 2 1/2h Fahrt nach Rio Dulce war ebenfalls beeindruckend. Eine atemberaubende Flora und Fauna mit Leguanen, Kormoranen und anderes Getier zeigte sich uns, und je laenger wir fuhren, umso groesser ragten die Felsspalten in die Landschaft und der Dschungel oeffnete seine Tore fuer uns.
 

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Schließlich erreichten wir Livingston. Ein kleines Fischerdorf, welches nur mit dem Boot zu erreichen und der wohl skurillste Platz Guatemalas ist. Der Lack ist hier schon laenger ab, aber der jamaikanische Einfluss ist nicht zu uebersehen (wo immer der auch her kam) und alle Klischees werden bedient. Bekiffte Rastafaris mit Dreadlocks bevoelkern hier die Strasse. Im Reisefuehrer steht zu Livingston "you love it or you hate it". Und dies bringt es auf den Punkt, ich zumindest habe mich in diesen Ort nicht verliebt. Auch wenn die Gastronomie hier einfach und ehrlich ist: So steht schon mal die Sanitaereinrichtung mitten im Lokal ("hier wird die Toilette zum Kunden gebracht und nicht der Kunde zur Toilette"), im Fernsehen laufen staendig Telenovelas und ein schlafender Trunkenbold rundet das Bild ab.

 

Samstag, den 12. November

Nach einer Nacht im Casa Rosada direkt am Fluss, ging es weiter in das "El Hotelito Perdido".
Perdido heisst verlassen und das stimmt! Direkt am Rio Dulce, ist diese Finca mitten im Dschungel gelegen und nur mit dem Boot zu erreichen. Die Bambushuetten sind fuer max. 12 Personen ausgelegt und wir sind momentan sogar nur zu fuenft. Eine oestereichische Weltverbesserin, ein australisch-englisches Paerchen und wir beide eben.
 Wenn man richtig abschalten will, hier im Dschungel ist der beste Platz dafuer. Hier gibt es einfach nichts. Kein Internet, kein Fernseher und kein Handyempfang. Wir sind einfach fernab aller Zivilisation.
Ich sitze nun just in diesem Moment am Steg, schreibe diese Zeilen und blicke dabei auf den Rio Dulce und die Dschungellandschaft. Man hoert nur Gezirpe und Gegrille und sonst ist nichts. Es ist einfach nur entspannend und entschleunigend.

 

Sonntag, den 13. November

Heute sind wir mit der Familie hier ganz allein und geniessen diese Ruhe in der Haengematte schaukelnd und ein Buch lesend. Hier lassen sich auch kleine Kanus mieten, um den Rio Dulce und seine Schoenheiten wie ein Hot Spring oder Wasserfaelle zu erkunden. So unternahmen wir gestern eine Paddeltour zu einem „Hot Spring“, einer heißen Quelle mit Grotte. Wir sassen also am Steg der heißen Quelle, warteten auf den Guide und tranken dabei ein kuehles Gallo, als ich auf einmal ein fette Spinne in unserem Kanu sah. Auf die Frage an einen Einheimischen von uns: „Peligrosa?“ („gefaehrlich“), kam nur ein trockenes „si“. Ich nehme mal an, er wollte nur zwei dumme Deutsche aergern, aber dennoch wurde die Spinne ordentlich gepaddelt, es folgte eine schnelle Seebestattung und wir beschlossen:
 1. die Rueckreise und
 2. keine weitere Ausfluege

 

Montag, den 14. November

Montag frueh mussten wir dann die herrliche Einoede verlassen und fuhren mit dem Boot zurueck nach Rio Dulce und von dort aus ging es dann weiter mit dem Bus nach Flores. Von der 4 stuendigen Busfahrt durften wir zwar 2 h stehen, aber da hier die Strassen schon herrlich komfortabel waren, war das Stehen entspannender, als die Fahrten in unserer 1. Woche. Gegen nachmittag erreichten wir bereits Flores, eine Stadt auf einer kleinen Insel mit ca. 22.000 Einwohnern. Bekannt ist dieses Staedtchen eigentlich nur fuer den Sonnenuntergang und als Sammelstelle fuer Touristen, welche sich Tikal anschauen wollen und/oder nach Belize oder Mexiko weiterreise wollen. Neben einem buntbeleuchtetem Plastikweihnachtsbaum (gesponsert von der einheimischischen Brauerei Gallo), einer „weissgetuenchten Kirche“ (eine naehere Beschreibung hat die Kirche auch nicht) findet sich hier viel Gastronomie.
Morgen geht es dann weiter zur Maya-Ruine nach Tikal, waehrend unser Trip auf die Zielgerade zusteuert. Mit dem Wetter hatten wir hier Wahnsinnsglueck. Nur im Dschungel hatten wir es dauerbewoelkt und naechtliche Regen, aber dieses Wetter passt ja auch zum Dschungel. Hier in Flores haben wir wieder blauen Himmel und 35 Grad und werden gleich den beruehmten Sonnenuntergang bei einem kuehlen Bierchen geniessen.

 

Dienstag, den 15. November

Morgens um 4:30 ging es nach Tikal. Hier befindet sich eine der bedeutendsten Staedte der Maya-Periode. Viel wurde hier schon freigelegt, aber erschlossen ist wirklich nur ein kleiner Teil.

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In Kooperation mit Japan wird gerade ein neuer Besucherpavillon fuer ca. 5 Millionen Euro gebaut. Schliesslich geht hier naechstes Jahr die Welt unter. Da will man wenigstens in der ersten Reihe sitzen...
Unser Guide fuehrte uns erst ueber das Gelaende und zeigte uns die artenreiche Tierwelt (Brüllaffen, Wiesel, Tukan, Tarantel…), um uns anschliessend die gesamten Tempelanlagen zu zeigen und zu erklaeren. Richtig beeindruckend wurde es, als die Sonne den Morgennebel verdraengte und die Tempelanlage mit ihrem Licht ueberflutete.
Als Abschluss stand dann nach der Tempel IV auf dem Programm. Von diesem Tempel hat man einen schoenen Panoramablick ueber die Tempelanlagen und dies ist auch die Filmszene aus einem bekannten Film (na, wer kommt drauf? Ich sage nur: Tatatataaa…tatataa).

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Mittags ging es schon wieder zurueck nach Flores und wir hatten die Gelegenheit auf ESPN zuzusehen, wie frierende Deutsche in Hamburg den glorreichen Sieg gegen Holland feierten. Und als Sahnehaeubchen trafen wir am Abend noch ein niederlaendisches aelteres Ehepaar, welchen wir attestieren konnten, wie schlecht die Elftal gespielt hat. Allerdings hielt die Freude nur kurz, als ich in der Nacht ein weiteres Geschenk von Guatemala erhalten habe. Ich gehe jetzt nicht ins Detail, aber das Ergebnis war, dass ich quasi alle mir zur Verfuegung stehende Koerperoeffnungen genutzt habe, um alles von mir zu geben, was nicht mehr bei mir sein wollte.

 

Mittwoch, den 16. November

Gegen Nachmittag verliessen wir wieder Flores und flogen mit einer kleinen Propellermaschine zurueck nach Guatemala, um uns dann abends wieder in Antigua in unserem Hotel vom Anfang der Reise, der Casa Rustica, einzuquartieren. Da ich diesen Tag nur mit Schlafen und gelegentlichen Toilettengaengen zugebracht habe, gibt es nicht viel zu berichten.

 

Donnerstag, den 17. November

Weiterhin die Nahrungsaufnahme verweigernd, ging es nun zu unserem letzten Hoehepunkt unserer Reise, den Indianermarkt in Chichicastenango. Der Vorteil bei dem Boykott von Nahrung ist, dass man dann auch nichts von sich geben muss, somit fuehlte ich mich recht sicher, die mehrstuendige Fahrt in den beruechtigten kleinen Minibussen unbeschadet zu ueberstehen.
Der Markt in Chichicastenango findet nur sonntags und donnerstags statt und die Aussteller reisen hierzu oft schon am Vortag an, um ihre Staende aufzubauen. Und auch wenn viele Staende schon auf die Touristen eingestellt sind und es ueberall massentaugliche Holzschnitzkunst und Stoffe zu kaufen gibt, so ist es wahrlich keine Touristenfalle. Hier tummeln sich weiterhin mehr Einheimische als Touristen, die dort Lebensmittel und Gegenstaende des Alltags kaufen und in den Comodores (den Garkuechen des Landes mit einfacher und guenstiger Kost) ihr Essen zu sich nehmen. 
Eine weitere Sehenswuerdigkeit von Chichicastenango ist der bunt gestaltete Friedhof. Da es dort aber schon oefter zu Ueberfaellen auf Touristen gekommen ist, haben wir den Friedhof nur ueber den Teleobjektiv unserer Digitalkameras „besucht“.

 

Freitag, den 18. November

Die Reise ist nun zu Ende. Um 08:30 habe ich Guatemala verlassen und es ging wieder zurueck in meine Heimat. Was bleibt, ist eine beeindruckende Landschaft in all ihren Facetten. Aber auch ein sehr armes Land mit ihren ueberaus freundlichen Menschen. All die Guides, die wir hatten und die uns ihr Land gezeigt haben, waren so engagiert uns die Schoenheit ihres Landes zu zeigen, dass man sich fast schon geschaemt hat. Guatemala hat so viele verschiedene Gesichter. Viele schoene, aber auch viele Erschreckende. Auch wenn ich mich dort immer sicher gefuehlt hat, bleiben auch die Bilder im Kopf, dass dort selbst eine Coca-Cola-LKW von seinem Fahrer beim Entladen mit einer Pumpgun beschuetzt werden musste.

In diesem Sinne, verbleibe ich mit:
¡hasta luego!